Sonntag, 21. Oktober 2012

Die Freude am Hören

Hans Neuhold, er lebte früher im Bezirk Weiz, ertaubte in jungen Jahren. Wie er damit fertig wurde und wieder hören lernte.




Sie waren früher normal hörend. Wie erlebten Sie den Verlust ihres Gehörs?

HANS NEUHOLD: Ich war 25 Jahre alt, als mich meine Frau aufmerksam machte, dass ich schwerhörig sei. Ich bekam beidseitig Hörgeräte. Aber das Gehör verschlechterte sich immer mehr.

Was bedeutete die Schwerhörigkeit für Sie?

NEUHOLD: Die zunehmende Schwerhörigkeit wurde zum Albtraum. Ich musste eine Arbeit suchen, wo ich wenig auf Kommunikation angewiesen war. Ich erlebte mich als Belastung für die anderen. Aus der Not heraus versuchte ich einen Ausbruch aus mir selbst. Ich begann, Kontakte zu Schwerhörigen zu knüpfen, die mich verstanden, mir keine Ratschläge gaben, nur da waren. Ich begann, meine Schwerhörigkeit anzunehmen als Teil, aber nicht als Wesensteil von mir. Die Schwerhörigkeit wurde das, was sie ist: ein Rucksack, den man tragen muss, mit dem man aber die schönsten Wanderungen unternehmen kann.

Wann hörten Sie von der Möglichkeit eines Implantats?

NEUHOLD: Mein Ausbruch aus dem Leidensweg führte mich zu Menschen, die mit einem CI - einem Cochlea Implantat - lebten. Ich hatte Hoffnung, eines Tages nicht taub sein zu müssen. Ende 2000 verlor ich mein Restgehör. Fünf Monate später wurde mir ein Implantat in Salzburg operiert. Ich hatte keine Angst, war voller Hoffnung. Zwei Jahre später ließ ich mein zweites Ohr implantieren. Das räumliche Hören verbesserte sich. Heute fühle ich mich unter Menschen wieder wohl.

NEUHOLD: Wie ging es Ihnen, als ihr künstliches Gehör das erste Mal "eingeschaltet" wurde?

NEUHOLD: Zuerst gab es viele Töne und Geräusche, die ich nicht alle verstehen konnte. Aber ich war glücklich, so viel zu hören. Ich musste mein Hörzentrum trainieren. Langsam lernte ich, Töne zuzuordnen und zu unterscheiden. Mit der Zeit wurden die Eindrücke bekannter und ich konnte an früher Gehörtes anknüpfen. Jeder Tag war eine Überraschung. Wie ein Kind erlebte ich die Welt des Hörens, die ich vielfach vergessen hatte. Nach einem Jahr konnte ich telefonieren, eine Sensation für mich. Ich weiß heute: Hören und Verstehen bedarf aktiven Zutuns. Meine Sprachprozessoren sind bunt, sie sind eine Werbung für etwas Gutes.

Wie geht es Ihnen heute?

NEUHOLD: Ich kann Veranstaltungen besuchen, telefonieren und bin meist unabhängig von fremder Hilfe. Leider kann nicht jeder diese Erfolge erzielen. Veranlagungen, sprachliche Voraussetzungen und Trainingsmöglichkeiten spielen eine Rolle. Nicht jeder kann ein Muskelprotz werden, aber Training hält fit.

Wie sind die Erfolge von gehörlos Geborenen mit einem CI?

NEUHOLD: Ich habe erlebt, dass gehörlose Kinder, die früh mit CIs versorgt wurden, eine normale Sprache entwickeln. Das Hörzentrum ist auf Input angewiesen, je mehr da ist, desto besser. Sie haben gute Chancen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. KARIN SCHERF-KACHELMAIER

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen