Dienstag, 29. Januar 2013

Kinder mit CI in der Regelschule


Quellen: www.sonos-info.ch (kein Information per PDF)
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Am 23. März 2012 fand am Heilpädagogischen Zentrum Hohenrain eine weitere interdisziplinäre CI-Arbeitstagung unter dem Titel "Kinder mit CI in der Regelschule" statt, an der FAchpersonen der verschiedenen Anteilsdisziplinen Medizin, Audiologie, Pädagogik und Logopädie teilnahmen.


Nach der Begrüssung der Teilnehmenden durch Frau Dr. Marie-Theres Habermacher, Direktorin des Heilpädagogischen Zentrum Hohenrain, moderierte Prof. Dr. Thomas Linder, Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohren- und Gesichtschirurgie am Luzerner Kantonssptial, die Veranstaltung.

Professor Linder führte in das Thema mit ein paar Zahlen aus dem Klinikalltag seines Spitals ein. Zwischen 1977 und 2011 wurden in Luzern mehr als 2`0000 CI implantiert, pro Jahr werden etwas 150 Operationen vorgenommen. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen unter 13 Jahren beträg etwa 25%. Aus diesen Zahlen leitet Professor Linder verschiedene Fragenstellungen ab: 75% bis 80% müssten demnach mit Erfolg intergriert beschult werden. In diesem Zusammenhang stehen die Fragen, was das Kind in der Regelschule für eine erfolgreiche Integration braucht, sowie wer über den Schulort der Schüler entscheidet. 

Im weiteren Verlauf der Tagung wurden verschiedene Fallbeispiele des APD und der CI-Klinik, Basel, des CI-Zentrums für Hören und Sprache Münchenbuchsee/ BE,  des APD FF des Zentrums für Gehör und Sprache Zürich sowie des Audiopädagogischen Dienstes Hohenrain vorgestellt.

Im Verlauf der Vorstellung der Fallbeispiele respektive des jeweils anschiessenden Austauschs kristalliesierten sich verschiedene Themen heraus, die teils intensiv diskutiert wurden.

Elternhaus

Im Elternhaus werden wesentliche Grundlagen für den Spracherwerb gelegt, für die eine gesunde Beziehung zwischen Eltern und Kind eine Grundvoraussetzung ist. An den verschiendenen Beispielen wurde merfach deutlich, wie wichtig ein sensibler Umgang der Fachpersonen mit den Eltern ist. Die besondere Rolle der Eltern in der Sprachenticklung ihres Kindes bedingt, dass die Eltern in den Förderprozess mit eingebunden werden. Für eine fruchtbare Kommunikationskultur können beispielsweise Regeln, die für die gesamte Familie gelten und der sprachlichen Förderung der Kinder dienen, eingeführt werden. Fachpersonen können Möglichkeiten mmit entsprechenden Konsequenzen aufzeigen; den Weg hingegen müssen die Eltern selbst finden. Wichtig ist, dass die Eltern nicht unter Druck stehen bzw. beim Kind ekeinen Druck aufbauen, da dies Blockaden beim Kind verursachen kann, die sich auf den Spracherwerb hinderlich auswirken. Darüber hinaus ist ein gewisser Abstand zwischen Eltern und Kind notwendig. Eine zu enge Beziehung kann ebenfalls den Spracherwerb erschweren. In entsprechenden Situationen könnten sehr feste familiäre Strukturen gelockert werden, indem frühzeitig Kindertaggestätten oder ähnlichen Einrichtungen in den Entwicklungsprozess des Kindes einbezogen werden. Dies gibt den Familien Raum und lockert (zu) feste Strukturen.

Beschulungsformen

Neben der Regelschule bietet das Schulsystem in der Schweiz verschiedene Möglichkeiten der Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit einer (hochgradigen) Hörbeeinträchtigung. Beispielhaft seien hier Sprachheilschulen und Einrichtungen mit Abteilungen für Schüler mit Hörbeeinrächtigungen genannt, wobei ggf. auch Internatbesuche möglich sind. Weiterhin gibt es kooperative Modelle: Zum Einen Regelbeschulung mit intergrierter Sondersschulung ("IS") oder Kooperation von Sprachheileinrichtungen mit Regelschulen. Die Rahmenbedingungen sind je nach Kanton in der Schweiz sehr unterschiedlich, was insbesondere den organisatiorischen Ablauf der Abklärung und Zuweisung betrifft.

Wärend der Besprechung der vorgestellten Beispiele stellte sich immer wieder heraus, wie wichtig die Beobachtung des Wohlbefindens des Kindes ist. Solange sich das Kind in der Intergration entwickelt, gibt es keinen Grund für einen Wechsel. 

Für den Entscheid der Intergration gibt folgende Gegenüberstellung einen Überblick über die wärend der Tagung diskutiereten potentiellen Vor- und Nachteile intergrativer Beschulung:

mögliche Vorteile:
  • gute sprachliche Entwicklung
  • Sprachvorbild hörender Kinder
  • Gruppenerfahrungen Frage, ob es sich um echte Freundschaften oder um Helfersysteme handelt
  • positive allgemeine Entwicklung
  • emotionale Stabilität
  • Schulung am Wohnort Freundekreis daheim
  • familiäres Umfeld
mögliche Nachteile:

  • Zurückhaltung, u.a. Kontaktaufnahme mit der Aussenwelt
  • ängstliches, blockiertes Verhalten ausserhalb der Familie
  • geringe Selbstsicherheit
  • oftmals hoher Antteil fremdsprachiger Kinder (Sprachvorbild)
  • Entwicklungsverzögerungen
  • enorme therapeutische Unterstützung mit vielen Bezugspersonen
Die Tablette stellt einen allgemeinen Überblick über mögliche Vor- und Nachteile dar. Eine regelmässige Beobachtung der Entwicklung des Kindes ist unbedingt notwendigt, da es nicht "die richtige Wahl" gibt, sondern sehr individuell das eine oder das andere System entsprechend Vor- oder Nachteile für die Beschulung des konkreten, einzelnen Kindes gibt.

Problemquellen für Schüler mit einem CI in der Regelschule

Im verlauf des Nachmittags wurrden wiederholt verschiedene Schwierigkeiten genannt und diskutiert, mit denen Schüler mit einer Hörbeeinträchtigung bzw. Schüler, die ein CI tragen, in der Regelschule konfrontiert sind. Besonders die akustischen Bedigungen sind hier erwähnenswert. Die Geräusche und damit verbunden Lärm, der in den Klassen entsteht, erschweren den betroffenen Schülern die Sprachwahrnehmung und zeigen oftmals Grenzen in der Kommunikation auf. Zum Herausfiltern des Sprachsignals aus dem Störschall müssen die Schüler im Alltag eine hohe Konzentrationsfähigkeit mitbringen. Das Richtungshören ist erschwert bzw. nicht möglich, was ebenfalls die Kommunikation im Unterrichtsgeschehen enorm erschwert, da den Schülern die Orientierung fehlt. Die genannten Schwierigkeiten setzen sich auf dem Pausenplatz und auf Schulausflügen fort, wo die akustischen Bedingungen ebenfalls die Kommunikationsmöglichkeiten beeinträchtigen. Da die Schüler nicht alles mitbekommen, können Schwierigkeiten in der sozialen Intergration als Folge auftreten. In der Begleitung von Schülern mit Hörbeeinträchtigungen erscheint es daher unbedingt notwendig wiederholt zu bachten, wie sich die Kontakte mit den Mitschülern entwickeln, ob das betroffene Kind "dabei" ist. Als geeigneter Indikator stellte sich in der Diskussion heraus zu beobachten, ob der Schüler ausserhalb von Schulzeiten bzw. -anlässen mit den Mitschülern abmacht bzw. von den Mitschülern eingeladen wird. Insbesondere die genannten potentiellen sozialen Aspekte können wiederum Auslöser für Fragen in der Identitätsentwicklung sein. Unbedingt notwendig erscheint es, dass die betroffenen Schüler unterstützt werden eine emotionale Stabilität aufzubauen. Dafür müssen sie lernen ihre Möglichkeiten und Grenzen einschätzen zu können, damit sie Bedürfnisse in verschiedenen Alltagssituationen sowohl im als auch ausserhalb des Unterrichtsgeschehens anbringen können. Für diesen "Reifeprozess" ist es notwendig, dass sie einen persönlichen Zugang zu ihrer Beeinträchtigung bekommen, für sich und ihr Leben die Hörbeeinträchtigung als "normal" anzusehen. Zum Unterstützen der Kinder und Jugendlichen wurden im Verlauf der Diskussionen immer wieder gute Erfahrungen im Zusammenhang mit Gruppentreffen für Kinder und Jugendliche mit Hörbeeinträchtigungen genannt, wo die betroffenen Schüler Möglichkeiten zum Austausch von Erfahrungen miteinander bekommen und so in ihrer Persönlichkeit reifen können. Nicht zuletzt im Prozess der Berufswahl, in dem die Jugendlichen sich intensiv mit sich auseinandersetzen und sich auf einen weiteren, sehr bedeutenden Lebenabschnitt. vorbereiten, sind solche Treffen eine grosse Stütze. Eine weitere Möglichkeiten für die Förderung der Identität bezogen auf die Hörbeeinträchtigung besteht in einem Vortrag des Schülers zum Thema "Hören". In der Vorbereitung setzt er sich, ggf. unter Anleitung, intensiv mit der Thematik auseinander und kann im Weiteren eigenständig Verständnis bei den Mitschülern aufbauen. Für die konkrete Arbeit in der Förderung bietet sich beispielhaft das Buch "Traumfrequenz" an, das in der Literaturangabe im Anhang ausgeführt ist.

Begleitung durch den APD

Die Rahmenbedigungen für die Begleitung von SChülern mit einer Hörbeeinträchtigung durch den Audiopädagogischen Dienst (APD) sind in der deutschsprachigen SChweiz sehr unterschiedlich. Dies beginnt bereits bei den organisatorischen Bedingungen wie Möglichkeiten der Intensität sowie den örtlichen Gegebenheiten. Insbesondere in der Früherziehung ist offenbar für Eltern oftmals- allein aus zeitlichen Gründen- wichtig, dass diese daheim erfolgen kann. Verschiedene Herausforderungen kommen im Alltag der Fachpersonen immer wieder vor, beispielsweise Zweisprachigkeit im Elternhaus, die insbesondere die Beurteilung der Sprachkompetenz erschwert. Für Therapeuten und für Eltern ist es wichtig auszuhalten, wenn sich Kinder in der Therapiesituation wenig sprachproduktiv zeigen.

Eine Stärke in der Begleitung durch die Audiopädagogen liegt in der individuell anpassbaren Gestlatung der tätigkeit. Je nach Rahmenbedingung kann die therapeutische Arbeit mit dem Schüler in der Einzelsitation, in Kleingruppen oder in der Klassensituation, z.B. in Form eines Team-Teachings, erfolgen. Mit der Unterstützung gibt es verschiedene Möglichkeiten der Individualisierung, die eine Beschulung in der Regelschule ermöglichen. Um eine geeignete und auf den Schüler bezogene Förderung bieten zu können, sind Kenntnisse über die auditive Wahrnehmung und den auditiven Verarbeitungsprozess unbedingt notwendig. Neben der therapeutischen Arbeit hat die beratende Tätigkeit der Audiopädagogen eine grosse Bedeutung. Von guten Erfahrungen berichteten die verschiedenen APDs in Bezug auf Weiterbildungen, die für die Regelschullehrpersonen angeboten werden. In diesen Veranstaltungen können die Lehrpersonen intensiv auf die besonderen Bedürfnisse der Schüler bezogen auf ihre Hörbeeinträchtigung geschult werden, die somit im Unterricht methodische und didaktische Anpassungen vornehmen. Erfahrungsgemäss werden diese Kurse jedoch vorwiegend von Lehrpersonen besucht, die Interesse an der Thematik haben bzw. engagiert sind. Grenzen auch bezüglich der Integration zeigen sich immer wieder in Situationen, bei denen die betroffenen Lehrpersonen wenig Engagement zeigen bzw. nicht bereit sind die bedürfnisse, die aus der Hörbeeinträchtigung erwachsen, zu berücksichtigen. Auch solche Rahmenbedingungen können einen Wechsel in eine weitere Beschulungsform notwendig machen, da sich das Kind in der Regel nicht bzw. nicht mit seinen Möglichkeiten entwickeln kann.

Zusammenarbeit mit Fachleuten

Verschiedenste Fachleute sind in der Beschulung und Förderung von Schülern mit Cochlea Implantaten beteiligt, mit denen das Kind und seine Familie immer wieder Kontakt hat. Genannt seien hier Ärzte (z.B. HNO, Kinderärzte, Neuropädiater), Pädagogen (z.B. Audiopädagogen, Logopäden, Lehrpersonen), Schulpsychologische Dienste sowie weitere Therapeuten. Unabdingbar ist ein regelmässiger Austausch mit gemeinsamen Zielformulierungen. Diese Ziele müssen regelmässig überprüft und angepasst werden. KlinischeKontrollen zeigen erreichte Entwicklungsfortschritte auf und geben Grundlagen für die weiteren Förderziele und damit Inhalte. Grenze in der diagnostischen Arbeit zeigen sich immer wieder bei Kindern und Jugendlichen mit Mehrfachbeeinträchtigungen, da im Zusammenhang mit einer Hörbeeinträchtigung der IQ oftmals nur schwer zuverlässig zu ermitteln ist. Insbesondere für diese Schüler ist die intensive Zusammenarbeit äusserst wichtig.

Wärend der Arbeitstagung haben sich verschiedene Aspekte herauskristalliersiert, die in der Begleitung von Schülern mit Cochlea Implantaten in der Regelschule eine besondere Bedeutung haben. Ein Grundpfeiler für eine gute sprachliche Entwicklung ist das kommunikative Umfeld, in dem sich das betroffene Kind befindet. Dies gilt sowohl für das Elternhaus, wie auch für den Schulalltag und die Freizeitangeboten, die das Kind nutzt. Die gegebenen Rahmenbedingungen sind äusserst relevant, um einen geeigneten Schulort für den Schüler finden zu können. Im Weiteren ist die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachpersonen gemeinsam mit den Eltern und dem Kind (je nach Alter)  notwendig, um diese Rahmenbedingungen regelmässig zu überprüfen und bei Bedarf gegebenenfalls anzupassen. Hierfür steht die Beobachtung von Entwicklungsfortschritten im Vordergrund und nicht zuletzt beim Aufkommen von somatischen Beschwerden bezüglich Schulprobleme sind die Bedingungen unverzüglich anzupassen. Für eine erfolgreiche Begleitung sind somit Kenntnisse über die Besonderheiten in der (Sprach-)Entwicklung von Schülern,mit einem CI für alle beteiligten Personen, insbesondere der Regelschullehrpersonen notwendig. Für die SChüler ist ein weiterer Grundpfeiler das Auseinandersetzen mit der Beeinträchtigung im Sinne von "Identitätsfindung". Hierfür ist erfahrungsgemäss insbesondere der Besuch von Gruppentreffen für Schüler mit Hörbeeinträchtigungen sehr förderlich. Abschliessend sei in der Zusammenfassung die Bedeutung der sozialen Interation genannt, dass das Kind Möglichkeiten hat sich mit gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen, idealerweise am Wohnort, austauschen und entwickeln zu können. In der Verabschiedung fasste dies Marie-Theres Habermacher zusammen, indem sie sagte, dass "Identität, die Gehörlose brauchen um sich selbst findet und verwirklichen zu können", sehr wichtig sei.

Für die inderdisziplinäre Arbeitstagung 2013 wurde das Thema "Hören und doch nicht sprechen" bestimmt. In der Veranstaltung werden Fallbeispiele besprochen mit Kindern und Jugendlichen "wo man nicht weiter kommt", in der es therapeutische Grenzen gibt.

Dr. Marie-Theres Habermacher dankte den Teilnehmenden, die eine Referat gehalten hatten, für ihre Vorbereitung und allen Teilnehmenden für den konstruktiven Austausch.

Für eine vereinfachte Lesbarkeit wurde auf geschlechtsneutrale Formulierungen verzichtet. Selbstverständlich gelten sämtliche Rollenbezeichnungen für beides Geschlechter.

Literaturangabe:
Gänger,Elisabeth: "Traumfrequenz", München, dtv-Verlag, 2005










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