Das Cochleaimplantat (kurz CI) ist für Gehörlose und Ertaubte, deren Innenohr nicht funktioniert, aber deren Hörnerv intakt ist, eine Hörprothese.
Begriffsbestimmung
Der Name Cochleaimplantat bezeichnet ein Bündel aus Elektroden, das in die Hörschnecke durch eine Operation eingeführt wird. Weil es sich im Körper befindet, nennt man es ein Implantat. Im weiteren Sinne werden auch noch andere elektronische Komponenten, die unter die Kopfhaut bzw. in den Schädelknochen implantiert werden, als Teil des Cochleaimplantates betrachtet. Den Sprachprozessor und die Sendespule werden im allgemeinen Sprachgebrauch auch dem Cochleaimplantat zu gerechnet. Man bezeichnet die Summe aller Teile als Cochleaimplantat-System, um der Verwechslung der drei Bedeutungen vorzubeugen.
Hin und wieder zu lesen ist die Schreibweise Cochlearimplantat, die weniger gebräuchlich ist. Durch die Eindeutschung des englischen Begriffes "cochlear implant" und eine Anlehnung an den Firmennamen eines Cochleaimplantat-System Herstellers (Cochlear). Die Schreibweise ohne "r" wird morphologisch in der deutschen Sprache als richtiger angesehen, weil das Cochleaimplantat nicht mit einem Löffel (lateinisch cochlear) zu tun hat.
Medizinisch-technischer Komplex
In die Hörschnecke (lateinisch cochlea) werden die Elektroden des CI eingeführt, um den Schall, der zuvor von einem Mikrofon aufgenommen worden ist, mit Hilfe eines digitalen Signalprozessors als elektrische Impulse auf den Hörnerv weiterzugeben. Das CI wird auch als "Hörgerät für taube Patienten" bezeichnet.
Technische Bestandteile des Cochleaimplantat-System
Die Bestanteile eines CI-Systems sind: Mikrofon, ein digitaler Signalprozessor, eine Sendespuhle mit Magnet und einem Implantat das sich aus der Elektrode, einem Magneten und einer Empfangsspule zusammensetzt. Das Magnet und die Empfangsspule werden zusammen unter der Haut Implantiert und dienen als Schnittstelle zwischen dem Signalprozessor und dem Elektrodenset. Durch die Kopfhaut erfolgt die Signalübermittlung mittels elektromagnetischer Induktion, dadurch ist das Implantat unabhängig von einer externen Stromversorgung.
Mit Hilfe des Magnetes haftet die Sendespuhle des Prozessors auf der Kopfhaut. Bei guter Operationstechnik ist sie so platziert, dass sie auf den ersten Blick oft nicht erkennbar ist, da sie unter den Haaren leicht verborgen werden kann.
Der Signalprozessor wird häufig auch Sprachprozessor genannt, da er die Umwandlung der Sprache in geeignete Signale für die Elektroden vornimmt. Die verschiedenen Hersteller verwenden unterschiedliche Strategien für die Kodierung, die sich zum Teil stark unterscheiden. Neben dem grossen Geschwindigkeitsunterschied können die Elektroden einiger Implantate den Hörnerv sequentiell und parallel stimulieren. Bei der sequentiellen Stimulation erfolgt dies nacheinander, bei der parallelen können zwei oder mehr Elektroden gleichzeitig stimulieren. Es hat sich gezeigt, das für die Klarheit und Verständlichkeit der Signale welche gehört werden, und für das Sprachverstehen, die Strategie der Kodierung - damit bezeichnet man das Muster bzw. die Reihenfolge, mit dem die Elektroden aktiviert werden - wesentlich ist. Eine deutlich untergeordnete Rolle spielt hier die Anzahl der Elektroden. Bei den drei grossen Herstellern zeigt sich, trotz unterschiedlichen Strategien bei der Kodierung, dass das Sprachverstehen bei allen im Mittel in etwa gleich ist. Die Sprachprozessoren sind seit einiger Zeit so klein, dass man sie direkt hinter dem Ohr, wie ein konventionelles Hörgerät, tragen kann. Viele benutzen aber noch einen Taschenprozessor, ein ca. Zigarettenschachtel grosses Gerät, das in der Tasche, am Gürtel oder auf dem Rücken (hauptsächlich bei Kindern) getragen wird. Das Mikrofon befindet sich in jedem Fall aussen am Gehörgang. Der Trend geht in Richtung immer kleineren Systemen, die die gleiche Leistung wie Taschenprozessoren haben. Sie können Dank ihrer Miniaturisierung ohne Probleme hinter dem Ohr getragen werden. Gegenstand der gegenwärtigen Entwicklung ist ein Mikrofon, das unter die Haut des Gehörganges implantiert werden kann, um so die Sprachqualität zu verbessern und technische Probleme bei der Signalübertragung per Induktion zu umgehen.
Die Implantation
Die Implantation geschieht immer unter Vollnarkose. Zunächst werden hinter dem Ohr die Haare sparsam für die Operation wegrasiert. Dann wird ein 5 bis 8 cm langer Schnitt auf der Haut hinter dem Ohr angelegt, die Haut abgelöst und nach hinten geklappt. In den nun freiliegenden Schädelknochen wird eine Vertiefung gefräst. Diese soll später die Empfangsspule des Implantats aufnehmen. Bei Kindern wird hierbei die Hirnhaut (Dura) teilweise freigelegt. Durch das Felsenbein wird nun ein Kanal gefräst, der bis ins Mittelohr reicht (Tympanotomie). Der Kanal muss so platziert werden, dass das runde Fenster, welches zum Innenohr führt, zugänglich wird. Durch diesen Kanal hindurch wird nun ein 1,5 mm grosser Bohrer eingeführt und ein Loch in die Chochlea gebohrt. Dies geschieht meist in der Nähe des runden Fensters. Durch das Loch wird das Elektrodenbündel des Implantats etwa 30 mm tief in die mit Perilymphe gefüllt Scala tympani eingeführt. Das dünne Anschlusskabel wird am Felsenbein fixiert, um ein Herausrutschen des Implantats zu verhindern.
Je nach Technik der Operation wird nun der Kanal im Felsenbein mit Knochenmaterial gefüllt oder offen gelassen. Die Empfangsspule wird darauf hin mit medizinischem Garn in die dafür vorgesehene Vertiefung verzurrt. Zum Schluss wird noch eine Potenzialausgleichselektrode unter die Kopfhaut geschoben und zuletzt der Hautlappen zurückgeklappt und zugenäht. Die Funktion des Implantats wird noch während der Operation mit Hilfe von Spezialgeräten getestet. Vor Jahren hatte man den Erfolg der Operation durch Auslösung des Stapediusreflexes nur sehr ungenau einschätzen können. Heutzutage wird noch während der Operation die Erregung des Hörnervs mit speziellen Telemetrieeinrichtungen der Implantate qualitativ und quantitativ nachgewissen (Neuro-Response-Telemetrie, NRT; Neuro-Response-Imaging, NRI). Über den Zustand der Hörbahn im Hirnstamm bieten die intraoperative Bestimmung der elektrisch ausgelösten Nervenaktionspotentiale des Hirnstammes (EBERA, EABR) noch weitergehende Informationen.
Wirkung des Cochleaimplantat
Die elektrischen Reize in der Hörschnecke erzeugen Hörempfindungen unterschiedlichster Art bei den CI-Trägern. Die Eindrücke sind aber von der Wahrnehmung eines Normalhörenden weit entfernt, da die Zahl der Elektroden die spektrale Auflösung stark einschränkt. Ein Normalhörender kann mit diesen Sinneseindrücken wenig anfangen. Die neurale Verarbeitung akustischer Reize ist aber sehr flexibel, so dass relativ schnell im Hörzentrum eine Anpassung an die neuen Sinneseindrücke stattfindet. Nach der Operation ist ein intensives Hörtraining sicher von grossem Vorteil für Hör-Erfolge, speziell für Patienten, bei denen seit vielen Jahren ein gravierender Hörverlust besteht, nicht aber zwingend Voraussetzung.
Für die sinnvolle Nutzung eines CI ist eine Rehabilitation in einem dafür eingerichtetem CI-Zentrum notwendig. In regelmässigen Abständen werden dort die CI-Empfänger geschult. Bei Kindern wird die Dauer der Rehabilitation auf etwa zwei Jahre veranschlagt. Erwachsene, die gerade ertaubt sind und frühzeitig mit einem CI versorgt werden, benötigen gewöhnlich eine kürzere Rehabilitationszeit. Die Hörergebnisse werden bei einer vorangehenden hochgradigen Hörstörung über viele Jahre wesentlich schlechter eingeschätzt als bei einer Frühversorgung. Für diesen Fall wäre ein intensives, langzeitiges Hörtraining angezeigt. Von einer CI-Versorgung bei tauben Erwachsenen die vor oder während des Spracherwerbs ertaubt sind, wird abgeraten, da ein Sprachverstehen in der Regel nicht zu erwarten ist.
Medizinische Risiken
Grundsätzlich ist eine Operation unter Vollnarkose auf Grund ihrer Belastung für den Kreislauf immer mit den entsprechenden Risiken verbunden. Hinzu kommen gewisse Infektionsrisiken, die sich zwar am Schädel weit schlimmer auswirken können als an anderen Körperteilen, jedoch durch moderne OP-Hygiene ausgeschlossen werden können. Eine gewisse Gefahr bringt die OP für den Gesichtsnerv und den Geschmacksnerv mit sich, da der Kanal für den Elektrodenträger in seiner Nähe gefräst wird. Ein Operateur muss dies jedoch wissen und kann entsprechend vorsichtig vorgehen, um eine einseitige Gesichtslähmung oder einen Geschmacksverlust zu vermeiden. Da seit einigen Jahren eine Überwachung der Gesichtsnervenfunktion während der Operation üblich ist (Facialismonitoring), ist die Gefahr einer Nervenschädigung äusserst gering. Durch die basale Einführung des CI besteht nur eine ausgesprochen geringe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Elektrodenträger nicht in die Hörschnecke, sondern in einen Bogengang des nahe liegenden Gleichgewichtsorganes eingeführt wird. Dazu müsste aber der Operateur die Elektrode in die falsche Richtung vorschieben. Dies ist bei erfahrenen HNO-Chirurgen allerdings sehr unwahrscheinlich. Gleichzeitig hat sich das intraoperative Hörnervenmonitoring durchgesetzt, mit dem noch während der Operation die Stimulation und Funktion des Hörnervs nachgewiesen werden kann. Die mehrfach bekannt gewordenen Meningitisinfektionen in Folge einer Implantation trat wohl etwas gehäuft bei der Verwendung eines Implantats auf, das eine grössere Bohrung in der Cochlea und vor allen Dingen eine zusätzlich Plastikschiene zur dauerhaften Positionierung des Elektrodenträgers an der Innenseite der Cochlea erforderte. Dieses Implantat wird aber nicht mehr verwendet. Statistisch ist dieser Zusammenhang jedoch schwer belegbar, weil viele CI-Träger erst in Folge einer Meningitis ertaubt sind, und bei diesen Patienten die Wahrscheinlichkeit für eine neuerliche Infektion bereits stark erhöht ist.
Nach der Operation entwickeln in sehr seltenen Fällen Patienten eine Unverträglichkeit gegenüber den verwendeten Materialien des Implantats, häufig Silikon. Die Operationsverletzung heilt nicht ab sondern bleibt entzündet. Dies kann inzwischen durch die vorherige Implantation von Materialproben vermieden werden.
CI-Versorgung bei Kleinkindern
Die Versorgung ertaubter Kinder oder von Kindern mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit mit einem CI hat sich als besonders Vorteilhaft erwiesen. Wie bei jeder anderen Operation auch, müssen medizinische Risiken in Betracht gezogen werden. Die propagierte Versorgung von Kleinst - und Kleinkindern ist trotz guter Studienergebnisse (leider) teilweise umstritten. (siehe unten)
Insbesondere von einigen Vertretern der Gehörlosen wird die Implantation abgelehnt, da in der anschliessenden Rehabilitation häufig der Einsatz der Gebärdensprache hinter der Förderung der Lautsprache zurücksteht. Ein allgemein akzeptierter Kritikpunkt ist die Tatsache, dass ein wichtiges Kommunikationselement der Gehörlosenkultur somit immer weniger eingesetzt wird.
Befürworter der Anwendung bei Kindern sprechen sich für eine möglichst frühzeitige Implantation bis zum dritten, besser bereits bis zum zweiten Lebensjahr aus. Sie argumentieren, dass bei späteren Versorgungen, etwa bis zum sechsten Lebensjahr, die Hörfähigkeit mit CI hinter den Ergebnissen der Frühimplantation zurückbleibt. Dies liegt daran, dass die Reifung bestimmter Hirnfunktionen, etwa die Anbahnung von Lautsprache, innerhalb bestimmter Altersperioden ablaufen muss, den so genannten sensitiven Phasen. Andererseits ist diese Reifung von Sinneserfahrungen abhängig, hier also von rechtzeitiger Hörerfahrung. Eine Implantation nach dem achten Lebensjahr erscheint ihnen nicht mehr sinnvoll, da ein Erwerb einer Lautsprache durchs Gehör dann sehr schlecht möglich sei.
Neuro-linguistische Aspekte
Ein CI kann weder die hochgradige Hörbehinderung beheben, noch einen normalen Höreindruck wieder herstellen. Der Hörstatus nach einer CI-Versorgung unterliegt einer sehr grossen Bandbreite. Im optimalen Fall kann ein CI-Träger problemlos telefonieren, in seltenen Fällen können aber auch mit CI nur einige Geräusche identifizieren werden. Die individuelle Erfolgsaussicht hängt wesentlich von folgenden Gesichtspunkten ab:
Ertaubungsdauer
Sprachkompetenz
Zustand des Hörnervs
Vorliegen zentral auditiver Wahrnehmungsstörungen
Motivation zum Erlernen und Erkennen der Geräusche und Stimmen
Trotzdem kann Dank der heutigen gängigen Indikationsprüfungen der Ärzte davon ausgegangen werden, dass die weitaus überwiegende Mehrheit mit dem Implantat eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität feststellen wird.
Ziel der CI-Anwendung ist eigentlich nicht das Hören selbst, sondern das Verstehen der Lautsprache. Selten erwähnt wird auch, dass eine CI-Anpassung den grössten Erfolg verspricht, wenn neurolinguistisch ein gewisses Talent für Lautsprache vorliegt. Dieses Talent kommt nicht durch blosses Hören zustande. Dies zeigt sich schon an einem Querschnitt der normal hörenden Bevölkerung, bei denen das Sprachverständnis und die Fähigkeit zum Sprachausdruck individuell unterschiedlich ausgeprägt sind.
Statt monolingual nur Lautsprache anzubieten, wird für CI-Implantierte taube Kinder zusätzlich, unter anderem von Kritikern der auditiv-verbalen Erziehung, Gebärdensprache empfohlen, um Zeitverluste zu vermeiden, wenn es sich später herausstellen sollte, dass das Kind die Lautsprache mit dem CI trotz Training nicht verstehen kann. Kritiker der Gebärdensprache befürchten dagegen, dass mit der Gebärdensprache der auditiv-verbale Spracherwerb negativ beeinflusst werden könnte, da mit der Nutzung der Gebärdensprache ein lautloses Medium verwendet wird, das grammatisch anders aufgebaut ist und damit in Konkurrenz zur Lautsprache tritt. Ein Ende dieses so genannten Methodenstreits, der teils mit harten Bandagen geführt wird, ist nicht abzusehen.
Soziologisches
Die Eltern von tauben Kleinkindern stehen zunächst unter dem Schock der Diagnose "Ihr Kind ist taub!". Sie sind oft mit Schuldgefühlen belastet und wollen deshalb alles Menschenmögliche für ihr Kind tun, um die Auswirkungen der Taubheit so niedrig wie möglich zu halten. Aus ihrer Sicht als Aussenstehende sehen sie eine geringere kommunikative Möglichkeit mittels Gebärdensprache als die Möglichkeiten als CI-Träger. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass sie sich oft für ein CI und für den lautsprachlich orientierten Förderweg entscheiden. Die alternative der Gebärdensprache ist ja immer noch da.
Der Druck auf die Kinder und die Erwartungen an sie sind immens. Sie sollen perfekt verstehen und sprechen lernen. Kinder, die dabei nicht das Glück einer optimalen Kombination des CI mit begünstigenden neurologischen Fähigkeiten haben, können sich in körperlicher und sozialer Hinsicht als Versager empfinden. Sie ähneln sich in solchen Empfindungen den früher bekannten Generationen tauber Personen, die ausschliesslich lautsprachlich, aber zumeist mit geringem Erfolg beschult wurden.
In der CI-Nachsorgetherapie wird der Lautsprache die absolute Priorität gegeben und das Benutzen der Gebärdensprache streng untersagt mit dem Argument, die Therapie würde somit erfolgreicher. Die Kinder wie Erwachsene sind aber trotzdem häufig immer noch auf das Absehen angewiesen. Die Kommunikation mit Hörenden bleibt erschwert und die Kommunikation mit Gehörlosen mangels Kenntnis der Gebärdensprache wird nicht ermöglicht - allerdings können sie trotzdem via Lautsprache kommunizieren. Es gibt viele Personen, die sich wohl fühlen, wenn sie mit Menschen mit der gleichen Behinderung kommunizieren, ohne dabei die Gebärdensprache benutzen zu müssen. Einige Kinder mit CI fühlen sich weder in der Gesellschaft der Hörenden noch in der von tauben Menschen zu Hause. Folgen sind Isolierung und starke Identitätsprobleme, monieren Kritiker der CI. Obwohl es darüber keine Studien gibt, ist solche Kritik durchaus ernst zu nehmen und wird auch von Fachleuten ernst genommen.
Sehr selten lassen Teenager das CI nach Jahren des Tragens explantieren oder hören auf, den Sprachprozessor weiter zu tragen. Sie versuchen sich in die Gesellschaft der tauben Menschen zu integrieren. Es wird vor allem von Kritikern des CI von psychosomatischen Symptomen, Suizid-Gefährdung und autistischem Verhalten der Kinder berichtet, worüber es allerdings ebenfalls keine Belege gibt. Es wird aber auch von Kindern, Teenagern und Erwachsenen berichtet, die ihr CI nicht mehr missen möchten und sich damit in der Schule, Freizeit und im Beruf bestens unterstützt fühlen.
Beidseitige (binaurale) Implantation
In den vergangenen Jahren wurde üblicherweise nur ein Ohr implantiert, auch, und gerade wenn beide Ohren ertaubt waren. Einerseits wurde das Argument eines unoperierten "Ersatzohres" angeführt, das in der Zukunft für verbesserte Implantate oder andere Therapieformen (Hoffnung die Hörzellen wieder nachwachsen zu lassen) zur Verfügung stünde. Andererseits haben die IV-Stellen/Krankenkassen nur die Einseitige Implantation bezahlt.
Langjährige psychoakustische Forschungsergebnisse (und natürlich die alltägliche Hörerfahrung, wenn man sich ein Ohr verschliesst) konnten aber nachweisen, dass gerade das Sprachverstehen mit nur einem Ohr schlechter ist, als mit zwei Ohren und dies vor allem in (den üblichen alltäglichen) geräuschvollen Hörsituationen. Dazu kommen die zunehmenden neurophysiologischen Erkenntnisse, dass die Hörbahn und der Hörkortex des unversorgten tauben Ohres sich bei kleinen Kindern nicht so entwickeln kann, dass nach jahrelangem Brachliegen auch mit einem verbesserten CI oder nach anderer Therapie ein gutes Hören erreicht werden kann. Bei der Hörgeräteversorgung hat man diesen Umstand schon seit den 70er Jahren in der beidohrigen Standard-Versorgung berücksichtigt.
Etwa seit dem Jahre 2000, vor allem mit der Einführung von hinter dem Ohr getragenen Signalprozessoren, wird aber an vielen CI-Kliniken auch die beidohrige CI-Versorgung mit gutem Erfolg angeboten. Die beiden Operationen erfolgen entweder in einer Narkose oder im zeitlichen Abstand. Theoretisch ist auch bei der beidohrigen CI-Versorgung eine möglichst frühzeitige Versorgung mit den besseren Hörergebnissen verknüpft. Es gibt aber auch schon gute Erfahrung mit Kindern und Erwachsenen, die in einem Abstand von mehreren Jahren ein zweites CI bekommen haben.
Im Allgemeinen scheint das Verstehen mit zwei CI leichter und mit geringerem Konzentrationsaufwand als mit nur einem Ohr zu sein. Es kann auch in den meisten Fällen ein grundsätzlich besseres Sprachverstehen gegenüber dem einohrigen Hören erreicht werden, vor allem in geräuschvoller Umgebung.
Fazit
Das CI ist eine seit vielen Jahren bewährte Möglichkeit, tauben Menschen ein, wenn auch eingeschränktes, Gehör wiederzugeben. Auch im Hinblick auf neue Therapieverfahren (Gentechnik, nachwachsende Hörzellen) ist es derzeit ohne tatsächliche Alternative. Wie bei allen Operationen sollten sich die Patienten und Angehörigen der Risiken bewusst sein und Gefahr und Nutzen gegeneinander abwägen.
Eltern, die das grösstmögliche Wohl ihrer Kinder im Auge halten, sollten nicht nur nach der medizinischen "Heilung" fragen, sondern sich eingehend von ebenfalls Betroffenen, erwachsenen tauben Personen, aber auch Trägern des CI, über ihr Leben und ihre Perspektiven informieren. Es wird den Eltern empfohlen, mit CI-Trägern in Kontakt zu treten und sich über ihre Lebensumstände zu informieren. Empfehlenswert ist selbstverständlich auch die Auseinandersetzung mit den Kritikern und den Befürwortern des CI.