Donnerstag, 22. November 2012

Heraus aus der Isolation



Quellen: www.clinicum.at

Für Menschen, die ihr Gehör nach dem Spracherwerb verloren haben, bedeutet ein Cochlea-Implantat eine Rückkehr in die Welt der Hörenden, in der sie ohne Gehör in die Isolation geraten. Auch dem Wiedereinstieg in den Beruf steht nichts mehr im Wege. 

Patienten berichten, dass die Sprache, vor allem zu Beginn, so klinge, „als würden Comicfiguren“ sprechen. Dieser Eindruck legt sich aber bei vielen Patienten wieder, sobald das Gehirn die angebotene Information entsprechend der bestehenden akustischen Erinnerung verarbeitet. 

Ungefähr eines von 10.000 Kindern in Österreich wird gehörlos geboren. „Je früher die Implantation erfolgt, desto besser“, betont Baumgartner. Kinder ohne Zusatzbehinderung, denen bis zum Alter von 24 Monaten Cochlea-Implantate eingesetzt wurden, besuchen alle erfolgreich die Regelschule. Wird das Cochlea-Implantat zwischen zwei und vier Jahren eingesetzt, ist es nur noch die Hälfte. Nach mehr als 48 Lebensmonaten sinkt der Anteil der Regelschüler auf null. Da die Bahnung des Sprachzentrums der Hirnrinde in den ersten Lebensmonaten und -jahren durch akustische Reize erfolgt, ist ab einem bestimmten Alter kein Hör- und damit Lautsprachenverständnis zu erwarten.

Ein gehörlos geborener Neunjähriger, dem ein Cochlea-Implantat eingesetzt würde, käme beim Sprechen nicht über einfache Sätze hinaus. Aufgrund des im Mutter-Kind-Pass vorgeschriebenen Hörscreenings kann die exakte Diagnose der Hörstörung bereits im sechsten Lebensmonat gestellt werden. Dann stehen die Eltern vor der Wahl: Cochlea-Implantat oder Gebärdensprache? Eine Frage, deren ethische Dimension nicht zu unterschätzen ist. Die Gehörlosengesellschaft steht dem Cochlea-Implantat sehr kritisch gegenüber. Viele Gehörlose betrachten die Implantate als Bedrohung der Gebärdensprache und der damit verbundenen Gehörlosenkultur. 

So warnt der Österreichische Gehörlosenbund (ÖGLB) vor möglichen gesundheitlichen Risiken der Implantation. „Jedes Kind kann ganz ohne Operation einen natürlichen Spracherwerb durchlaufen“, heißt es in einer Stellungnahme des ÖGLB zum Thema Cochlea-Implantat: „Tatsächlich ist belegt, dass es sich bei Gebärdensprachen um vollwertige, natürliche Sprachen handelt, die genauso leistungsfähig sind wie alle Lautsprachen.“ Das Cochlea-Implantat solle nicht als Alternative zur bzw. als Ersatz für die Gebärdensprache gesehen werden, fordert der Gehörlosenbund.

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