Donnerstag, 28. Februar 2013

Einkaufsgemeinschaften Gemeinsam einkaufen und getrennt abrechnen


Das Grand Resort Bad Ragaz kooperiert mit anderen Hotels beim Einkauf von Blumen und bei der Beschaffung von Fertigprodukten. Die Akustik Schweiz AG bündelt die Einkaufsaktivitäten bei Schweizer Hörgeräte-Einzelhändlern.

Quellen: www.nzz.ch



Rico Kutscher

Mit dem Einkauf von Schnittblumen hat vor ein paar Jahren alles angefangen. Gemeinsam mit vier anderen Luxushotels aus dem Verbund der Swiss Deluxe Hotels wollte Stefan Dürst, Einkaufsleiter des Grand Resort Bad Ragaz in der Ostschweizer Ferienregion Heidiland, Blumen im Ausland kaufen und in die Schweiz importieren. Blumen für nur eine Hotelgruppe direkt im Ausland zu bestellen, erschien zunächst als eine etwas verrückte Idee, aber Dürst wollte zumindest den Versuch wagen.

Blumen aus Amsterdam


Und dieser führte gleich zum Erfolg. Die Bestellung bei einem Grosshändler in Amsterdam glückte, und auch die Anlieferung funktionierte. Mittlerweile sind die Online-Bestellung in den Niederlanden und die direkte Lieferung von Blumen in Kühlboxen durch den ausländischen Verkäufer aus dem Hotelbetrieb in Bad Ragaz nicht mehr wegzudenken. Dürst erklärt, erst durch die Bündelung der Einkaufsmenge sei es möglich geworden, Blumen bei einem Händler in Amsterdam zu bestellen. Ein solches Unterfangen lohne sich angesichts der substanziellen Transportkosten erst ab einer bestimmten Grösse.

Dabei steht der Preisvorteil, der sich mit dem Einkauf im Ausland erzielen lässt, nicht einmal im Vordergrund. Viel wichtiger ist für den Einkaufsmanager, dass die Schnittblumen dank Direktbestellung und sofortiger Auslieferung bei der Ankunft viel frischer sind als früher. So spare das Resort indirekt Kosten, denn durch die längere Haltbarkeit der Blumen müsse über das ganze Jahr betrachtet einerseits weniger und anderseits weniger häufig als früher bestellt werden. Zudem verringere sich im Resort der Arbeitsaufwand der Floristinnen, weil die Blumengestecke weniger häufig ausgetauscht werden müssten. Für den Hotelbetrieb habe sich die Kooperation beim Bezug von Blumen auf jeden Fall gelohnt, meint Dürst.

Was mit dem Einkauf von Blumen begonnen hatte, hat sich im Betrieb in Bad Ragaz mittlerweile auf weitere Waren ausgeweitet. So kooperiert das Resort über die Hotelvereinigung Swiss Deluxe Hotels beispielsweise auch beim Einkauf von Fertig- und Halbfertigprodukten sowie bei der Bündelung des Volumens für Kopieraufträge. Mit dem Kauf der Waren bei der auf Gastronomiebetriebe spezialisierten Firma Howeg, einer Coop-Tochter, suchen die Hotels durch Rahmenvereinbarungen über Mengenrabatte und Rückvergütungen per Jahresende die Einstandspreise zu verringern. Und mit Blick auf den Kopieraufwand legt Dürst dar, dass das Zusammenfassen der Volumina zahlreicher Swiss-Deluxe-Hotels den Preis pro Ausdruck reduziert und zudem deutliche Verbesserungen bei Leasing-Geräten sowie beim Service durch den Kopiergerätehersteller gebracht habe.

Die Luxusherbergen informieren sich zudem gegenseitig über ihre «preferred suppliers», also bevorzugte Lieferanten, und können dank diesem Wissen gegebenenfalls Anbieter wechseln oder von zentral ausgehandelten Mengenrabatten und höheren Jahresrückvergütungen profitieren.

Nach Blumen, Fertigprodukten und Kopiergeräten schwebt Einkaufschef Dürst bereits die nächste Zusammenarbeit mit anderen Hotels vor. Über ein internetbasiertes Informationssystem möchte er künftig beispielsweise Metzger aus der Region zur Abgabe von Angeboten für Frischfleisch bewegen oder etwa im Vorfeld der Beschaffung von Matratzen mit anderen Luxushotels sondieren, wie es mit allfälligen Kaufabsichten in der Gruppe aussieht.

Klub der Akustikgeschäfte
Um den gemeinsamen Einkauf geht es auch bei der Firma Akustik Schweiz AG. Dies ist ein Zusammenschluss von Einzelhändlern auf dem Markt für Hörgeräte, die sich vor rund vier Jahren aus drei kleineren Einkaufsgemeinschaften zu dieser Aktiengesellschaft zusammengefunden haben. Mittlerweile umfasst die Kooperation 90 Geschäfte in der ganzen Schweiz, wie Ulrich Meister, Vizepräsident der Kooperation, erklärt. Im Vordergrund der Zusammenarbeit der Einzelhändler stand zunächst der gemeinsame Einkauf von Hörgeräten, da es auf Herstellerseite, also auf der «Markt-Gegenseite», nur einige wenige grosse Anbieter gibt. Die Bündelung der Einkaufsvolumen mit der Festlegung der Konditionen in einer Rahmenvereinbarung zwischen Akustik Schweiz und Lieferanten hat den Einzelhandelsgeschäften laut Meister deutliche Verbesserungen gebracht.

Etliche Läden hätten durch die Kooperation eine drastische Reduktion ihrer Beschaffungspreise erreicht, zum Teil bis auf einen Drittel der früheren Werte. Der Vizepräsident der Einkaufsgemeinschaft hebt ausserdem hervor, dass die Rabattvereinbarungen bis heute keine Mindestabnahmemengen vorsehen. Somit stehe kein Geschäft unter Druck, beim Verkauf von Hörgeräten auf Mindestverkaufsvolumen zu achten.

Als weiteren Vorteil der Einkaufsgemeinschaft sieht Meister den Umstand, dass die Geschäfte dank gepooltem Volumen günstiger Batterien für die Hörgeräte einkaufen können – und jedes Stück noch das Logo der Akustik Schweiz AG als «Branding» aufgeprägt erhält.

Gemeinsamer TV-Auftritt
Doch die Zusammenarbeit der 90 Schweizer Geschäfte für Hörgeräte beschränkt sich nicht nur auf den günstigen Erwerb von Produkten, die dann in den Geschäften weiterverkauft werden. Vielmehr hat man den Zusammenschluss auch dazu benutzt, gemeinsam die Werbetrommel zu rühren. So hat die Kooperation der Hörexperten zusammen eine Fernsehwerbung ausgestrahlt und eine zentrale Homepage für einen Hörtest eingerichtet. Die Kosten für eine solche Fernsehwerbung und einen solchen Internetauftritt hätten ein Geschäft allein oder eine kleinere Gruppe wohl überfordert.

Auf die Frage, ob die Kooperation bereits in den Fokus der Wettbewerbsbehörden gekommen sei, wird Meister leidenschaftlich. Es schlössen sich nur kleine Geschäfte zusammen, die miteinander auf weniger als 20% Marktanteil kämen. Dieses Vorhaben der Einzelhändler diene dazu, den Kunden eine gute Auswahl anbieten zu können. Denn nur durch die Kooperation der Kleineren könne man dem Trend, dass immer mehr Geschäfte Hörgeräte nur noch eines Herstellers verkauften, entgegentreten.

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