Sonntag, 30. Januar 2011
Dienstag, 25. Januar 2011
Taubheit: Mit moderner Technik zu einem neuen Gehör
Ein Schaden im Innenohr lässt sich kaum heilen. Viele Betroffene resignieren und ziehen sich zurück. Das muss nicht sein. Immer ausgefeiltere Hörgeräte oder Cochlea-Implantate bringen die Töne wieder.
Das Implantat
So schummelte sich der Familienvater viele Jahre durchs Leben. Von einer Alternative wollte er nichts wissen. Dabei gab es die. «Wer mit dem besten Hörgerät nicht ausreichend hören kann, ist ein Kandidat für ein Cochlea-Implantat», sagt Ohrenspezialist Huber.
Dazu ist eine Operation nötig. Sie wird ebenso wie das Implantat selbst von den Krankenkassen bezahlt und dauert rund zwei Stunden. Der Patient liegt in Vollnarkose, während ihm die Ärzte eine Elektrode in die Hörschnecke einführen. Diese ersetzt die Funktion der Flimmerhärchen und gibt später die elektrischen Hörimpulse über den Hörnerv, der noch intakt sein muss, ans Gehirn weiter.
Das nötige Gegenstück zu diesem eingepflanzten Implantat ist ein Hörgerät. Es empfängt den Schall von Sprache, Klängen und Geräuschen und wandelt ihn in elektrische Impulse um. Per Radiowelle werden diese unter die Haut ans Implantat gesendet und gelangen so ins Gehirn. Von einem Cochlea-Implantat profitieren
auch taube Babys und Kleinkinder. Das Implantat muss aber vor dem Schulalter eingesetzt werden, weil sonst die Erfolgsaussichten gering ist. Kinder lernen Sprache normalerweise in den ersten sechs Lebensjahren. «Waren sie in dieser Zeit taub, wird ihnen danach ein Cochlea-Implantat nichts nützen, weil ihr Hirn die empfangenen Laute nicht als Sprachinformation erkennt.»
Von einem Cochlea-Implantat wollte Roland Sartor jahrelang nichts wissen. Er klammerte sich an das, was er hatte: «Von 100 Wörtern verstand ich 20 einigermassen», erinnert sich der Architekt, «und ich hatte grosse Angst, dies Wenige auch noch zu verlieren, wenn das Implantat nicht funktionieren sollte.»
Tatsächlich werden mit dem Einführen der Elektrode in die Hörschnecke die wenigen noch intakten Flimmerhärchen zerstört. «Ohne sein Hörgerät zum Cochlea-
Implantat ist der Patient nach der Operation taub», sagt Alexander Huber. «Doch sobald er das Hörgerät trägt, versteht er viel mehr als vor der Operation.» Dass ein Implantat aus technischen Gründen nicht funktioniert, kommt sehr selten vor. Geschieht es dennoch, muss das Gerät in einer weiteren Operation entfernt und durch ein neues ersetzt werden.
Das neue Hören
Bei Roland Sartor funktionierte das Gerät auf Anhieb. Vor 14 Jahren liess er sich endlich ein Cochlea-Implantat einsetzen. Vier Wochen nach der Operation waren die Wunden verheilt, und er setzte zum ersten Mal sein neues Hörgerät auf. Endlich waren die Töne wieder da. Selbst solche, die er eigentlich gar nicht hören wollte. Über den Flur der Ohrenklinik stolzierte eine Frau mit hohen Absätzen, und in Roland Sartors Ohr machte es laut «klick-klack». «Oje», stöhnt er, «jetzt höre ich auch das wieder.» Und freute sich trotzdem darüber.
Wer neu ein Cochlea-Implantat trägt, muss das richtige Hören wieder lernen. Zu Beginn empfindet er jedes Geräusch gleich intensiv. «Der Patient muss herausfinden, welche Töne wichtig sind und welche nicht», sagt Alexander Huber. «Mit der Zeit wird er das Klacken der Absätze nicht einmal mehr wahrnehmen.»
Um das zu lernen, ging Roland Sartor im ersten Jahr regelmässig in ein Hörtraining. Sein Implantat trägt der inzwischen 64-jährige nun seit 14 Jahren. Von 100 Wörtern versteht er 98. Bei guten akustischen Bedingungen führt er Gespräche, ohne zu schummeln − sogar am Telefon. Heute berät er andere Hörbehinderte, die sich nicht zu einem Implantat durchringen können, und wundert sich manchmal noch über sich selbst. «Ich verstehe nicht, warum ich so lange gewartet habe.»
Tücken der Technik
Cochlea-Implantate helfen ertaubten Menschen, wieder zu hören. Doch es gibt auch Risiken, wie jüngste Berichte über den Hörgeräte-Hersteller Sonova zeigen. Die Firma war in die Schlagzeilen geraten, weil sie ein Cochlea-Implantat (CI) ihrer Tochter Advanced Bionics vom Markt zurückgerufen hatte. Der Grund: Zwei Patienten
verspürten etwa zehn Tage nach dem Einsetzen des Implantats starke Schmerzen und empfanden die Geräusche als viel zu laut. Beide Fälle ereigneten sich nicht in der Schweiz.
«Solche Probleme sind sehr selten, und man sollte sie nicht dramatisieren», sagt Hans-Jörg Studer, Präsident der Interessengemeinschaft Cochlea-Implantate Schweiz und selbst CI-Träger. Neben den Risiken, die eine Operation mit sich bringt, besteht beim Einsetzen eines CI die Gefahr, dass das Gerät aus technischen Gründen nicht funktioniert. Das geschieht in weniger als 2 von 1000 Implantaten pro Jahr. In einer Folgeoperation muss dann das Gerät ersetzt werden.
Aufbau des menschlichen Gehörs
In einem gesunden Ohr gelangen Töne als Schallwellen urch den Gehörgang zum Trommelfell. Über die Gehörknöchelchen im Mittelohr wird der Schall ans Innenohr
weitergeleitet. Hier, in der Gehörschnecke (Cochlea), wandeln winzige Flimmerhärchen den Schall in elektrische Impulse um. Diese werden über den Hörnerv ans Gehirn weitergeleitet, wo sie als Geräusche, Klänge oder Sprache interpretiert und verarbeitet werden. Dieser Hörvorgang kann an unterschiedlichen Stellen gestört
sein. Ohrenschmalzpfropfen und Infektionen des Gehörganges gehören zu den typischen Problemen im äusseren Ohr. Im Mittelohr können Entzündungen, Verletzungen des Trommelfells oder eine Verkalkung der Gehörknöchelchen das Hören behindern. Die Störungen im äusseren und im Mittelohr nennt man Schallleitungsschwerhörigkeit.
Sie lässt sich meist durch Medikamente oder eine Operation beheben. Liegt das Problem dagegen im Innenohr, gibt es nur selten eine Chance auf Heilung. Bei dieser sogenannten Schallempfindungsschwerhörigkeit sind die Flimmerhärchen beschädigt. Bis heute haben die Forscher nicht herausgefunden, wie sich diese Sinneszellen
erholen könnten. Hilfe bietet den Betroffenen ein Hörgerät, das die Töne für sie verstärkt und aus dem Hintergrundlärm herausfiltert.
Nützt das nichts, raten Experten zu einem Cochlea-Implantat. Dafür wird eine Elektrode in die Hörschnecke gelegt, welche die Aufgabe der Flimmerhärchen übernimmt und die Impulse ans Hirn weiterleitet.
Das Gegenstück dazu ist eine Art Hörgerät, der sogenannte Sprachprozessor. Er empfängt den Schall von Sprache, Klängen und Geräuschen und wandelt ihn in elektrische Impulse um. Per Radiowelle werden diese unter die Haut zum Implantat gesendet und gelangen so über die Elektrode ins Gehirn.
Weitere Informationen finden Betroffene und ihre Angehörigen bei der Hörbehindertenvereinigung pro audito Schweiz www.pro-audito.ch oder bei der CI-Interessengemeinschaft Schweiz www.cochlea-implantat.ch
So schummelte sich der Familienvater viele Jahre durchs Leben. Von einer Alternative wollte er nichts wissen. Dabei gab es die. «Wer mit dem besten Hörgerät nicht ausreichend hören kann, ist ein Kandidat für ein Cochlea-Implantat», sagt Ohrenspezialist Huber.
Dazu ist eine Operation nötig. Sie wird ebenso wie das Implantat selbst von den Krankenkassen bezahlt und dauert rund zwei Stunden. Der Patient liegt in Vollnarkose, während ihm die Ärzte eine Elektrode in die Hörschnecke einführen. Diese ersetzt die Funktion der Flimmerhärchen und gibt später die elektrischen Hörimpulse über den Hörnerv, der noch intakt sein muss, ans Gehirn weiter.
Das nötige Gegenstück zu diesem eingepflanzten Implantat ist ein Hörgerät. Es empfängt den Schall von Sprache, Klängen und Geräuschen und wandelt ihn in elektrische Impulse um. Per Radiowelle werden diese unter die Haut ans Implantat gesendet und gelangen so ins Gehirn. Von einem Cochlea-Implantat profitieren
auch taube Babys und Kleinkinder. Das Implantat muss aber vor dem Schulalter eingesetzt werden, weil sonst die Erfolgsaussichten gering ist. Kinder lernen Sprache normalerweise in den ersten sechs Lebensjahren. «Waren sie in dieser Zeit taub, wird ihnen danach ein Cochlea-Implantat nichts nützen, weil ihr Hirn die empfangenen Laute nicht als Sprachinformation erkennt.»
Von einem Cochlea-Implantat wollte Roland Sartor jahrelang nichts wissen. Er klammerte sich an das, was er hatte: «Von 100 Wörtern verstand ich 20 einigermassen», erinnert sich der Architekt, «und ich hatte grosse Angst, dies Wenige auch noch zu verlieren, wenn das Implantat nicht funktionieren sollte.»
Tatsächlich werden mit dem Einführen der Elektrode in die Hörschnecke die wenigen noch intakten Flimmerhärchen zerstört. «Ohne sein Hörgerät zum Cochlea-
Implantat ist der Patient nach der Operation taub», sagt Alexander Huber. «Doch sobald er das Hörgerät trägt, versteht er viel mehr als vor der Operation.» Dass ein Implantat aus technischen Gründen nicht funktioniert, kommt sehr selten vor. Geschieht es dennoch, muss das Gerät in einer weiteren Operation entfernt und durch ein neues ersetzt werden.
Das neue Hören
Bei Roland Sartor funktionierte das Gerät auf Anhieb. Vor 14 Jahren liess er sich endlich ein Cochlea-Implantat einsetzen. Vier Wochen nach der Operation waren die Wunden verheilt, und er setzte zum ersten Mal sein neues Hörgerät auf. Endlich waren die Töne wieder da. Selbst solche, die er eigentlich gar nicht hören wollte. Über den Flur der Ohrenklinik stolzierte eine Frau mit hohen Absätzen, und in Roland Sartors Ohr machte es laut «klick-klack». «Oje», stöhnt er, «jetzt höre ich auch das wieder.» Und freute sich trotzdem darüber.
Wer neu ein Cochlea-Implantat trägt, muss das richtige Hören wieder lernen. Zu Beginn empfindet er jedes Geräusch gleich intensiv. «Der Patient muss herausfinden, welche Töne wichtig sind und welche nicht», sagt Alexander Huber. «Mit der Zeit wird er das Klacken der Absätze nicht einmal mehr wahrnehmen.»
Um das zu lernen, ging Roland Sartor im ersten Jahr regelmässig in ein Hörtraining. Sein Implantat trägt der inzwischen 64-jährige nun seit 14 Jahren. Von 100 Wörtern versteht er 98. Bei guten akustischen Bedingungen führt er Gespräche, ohne zu schummeln − sogar am Telefon. Heute berät er andere Hörbehinderte, die sich nicht zu einem Implantat durchringen können, und wundert sich manchmal noch über sich selbst. «Ich verstehe nicht, warum ich so lange gewartet habe.»
Tücken der Technik
Cochlea-Implantate helfen ertaubten Menschen, wieder zu hören. Doch es gibt auch Risiken, wie jüngste Berichte über den Hörgeräte-Hersteller Sonova zeigen. Die Firma war in die Schlagzeilen geraten, weil sie ein Cochlea-Implantat (CI) ihrer Tochter Advanced Bionics vom Markt zurückgerufen hatte. Der Grund: Zwei Patienten
verspürten etwa zehn Tage nach dem Einsetzen des Implantats starke Schmerzen und empfanden die Geräusche als viel zu laut. Beide Fälle ereigneten sich nicht in der Schweiz.
«Solche Probleme sind sehr selten, und man sollte sie nicht dramatisieren», sagt Hans-Jörg Studer, Präsident der Interessengemeinschaft Cochlea-Implantate Schweiz und selbst CI-Träger. Neben den Risiken, die eine Operation mit sich bringt, besteht beim Einsetzen eines CI die Gefahr, dass das Gerät aus technischen Gründen nicht funktioniert. Das geschieht in weniger als 2 von 1000 Implantaten pro Jahr. In einer Folgeoperation muss dann das Gerät ersetzt werden.
Aufbau des menschlichen Gehörs
In einem gesunden Ohr gelangen Töne als Schallwellen urch den Gehörgang zum Trommelfell. Über die Gehörknöchelchen im Mittelohr wird der Schall ans Innenohr
weitergeleitet. Hier, in der Gehörschnecke (Cochlea), wandeln winzige Flimmerhärchen den Schall in elektrische Impulse um. Diese werden über den Hörnerv ans Gehirn weitergeleitet, wo sie als Geräusche, Klänge oder Sprache interpretiert und verarbeitet werden. Dieser Hörvorgang kann an unterschiedlichen Stellen gestört
sein. Ohrenschmalzpfropfen und Infektionen des Gehörganges gehören zu den typischen Problemen im äusseren Ohr. Im Mittelohr können Entzündungen, Verletzungen des Trommelfells oder eine Verkalkung der Gehörknöchelchen das Hören behindern. Die Störungen im äusseren und im Mittelohr nennt man Schallleitungsschwerhörigkeit.
Sie lässt sich meist durch Medikamente oder eine Operation beheben. Liegt das Problem dagegen im Innenohr, gibt es nur selten eine Chance auf Heilung. Bei dieser sogenannten Schallempfindungsschwerhörigkeit sind die Flimmerhärchen beschädigt. Bis heute haben die Forscher nicht herausgefunden, wie sich diese Sinneszellen
erholen könnten. Hilfe bietet den Betroffenen ein Hörgerät, das die Töne für sie verstärkt und aus dem Hintergrundlärm herausfiltert.
Nützt das nichts, raten Experten zu einem Cochlea-Implantat. Dafür wird eine Elektrode in die Hörschnecke gelegt, welche die Aufgabe der Flimmerhärchen übernimmt und die Impulse ans Hirn weiterleitet.
Das Gegenstück dazu ist eine Art Hörgerät, der sogenannte Sprachprozessor. Er empfängt den Schall von Sprache, Klängen und Geräuschen und wandelt ihn in elektrische Impulse um. Per Radiowelle werden diese unter die Haut zum Implantat gesendet und gelangen so über die Elektrode ins Gehirn.
Weitere Informationen finden Betroffene und ihre Angehörigen bei der Hörbehindertenvereinigung pro audito Schweiz www.pro-audito.ch oder bei der CI-Interessengemeinschaft Schweiz www.cochlea-implantat.ch
Sonntag, 23. Januar 2011
Donnerstag, 20. Januar 2011
Cochlea-Implantat - Wie Natalie hören lernt
Themen:
- Natalies stille Welt
- Harte Arbeit: Sprechen lernen und Lippenlesen
- Was ist ein Cochlea-Implantat?
- Die bisherigen Erfolge
- Natalies stille Welt
Ein Leben (fast) ohne Geräusche - wie "fühlt" sich das an? "Wie eine  Welt, in der alle hinter vorgehaltener Hand flüstern", sagt Natalie  Girth. Sie hatte immer Angst vor der Dunkelheit. Denn dann konnte sie  auch nicht mehr von den Lippen der anderen ablesen. Wenn alle Lichter  erloschen waren, war da nur Stille, ein schwarzes Nichts. Quarks &  Co zeigt einen Tag im Leben der selbstbewussten jungen Frau vor dem  Einsetzen des Cochlea-Implantats: Fahrradfahren, Musik nur wahrnehmen,  kein Telefonieren, aus Gesprächen ausgeschlossen sein...
- Harte Arbeit: Sprechen lernen und Lippenlesen
Noch mal, noch mal und noch mal - die Lautsprache zu lernen, war für  Nathalie Girth harte Arbeit und Drill. Ihre Mutter bestand auf unzählige  Wiederholungen und war erst zufrieden, wenn ihre Tochter etwas wirklich  gut aussprach. "Für mich war das enorme Trainingspensum völlig normal,  ich war ja daran gewöhnt und kannte es nicht anders", erinnert sich die  33-Jähige, die neben der Lautsprache auch das Lippenlesen lernte. Quarks  & Co erzählt ihre Geschichte von der Kindheit bis zum Ende der  Ausbildung und zeigt, wie mühsam ihr Weg in die Welt der Hörenden war.
- Was ist ein Cochlea-Implantat?
Ein Cochlea-Implantat ist eine Innenohr-Hörprothese für hochgradig  Schwerhörige oder Gehörlose, deren Hörnerv noch funktioniert. Dabei  liegt das Hörimplantat wie ein normales Hörgerät hinter dem Ohr. Ein  dazu gehöriges Bündel Elektroden ist in die Hörschnecke (lat.: Cochlea)  implantiert. Das Implantat wandelt Schall in elektrische Impulse um,  durch die der Hörnerv in der Schnecke stimuliert wird. So können Sprache  und Töne wieder wahrgenommen werden. Quarks & Co erklärt, wie ein  Cochlea-Implantat eingesetzt wird, wie es funktioniert und warum ein  langes, intensives Hörtraining nach der Operation unbedingt erforderlich  ist.
- Die bisherigen Erfolge
Nach der Operation wurde Natalie Girth zum "Hörbaby": Sie musste das  Hören ganz neu lernen. Das Training ist sehr anstrengend, und die  Erfolge sind nicht so leicht messbar: Ihr Gehirn muss jedes Geräusch,  jedes Wort, jeden Laut, jeden einzelnen Vokal völlig neu abspeichern,  damit sie beim Gespräch oder beim Radiohören abrufbar sind. Natalie  Girth erzählt, wie sie damit umgeht, dass aus dem Reich der Stille ein  Reich der Töne und Geräusche geworden ist, und verrät, warum sie nachts  das Cochlea-Implantat ausschaltet.
Als Natalie Girth (33) geboren wird, ist sie praktisch taub. Entgegen  vieler Widerstände unternehmen ihre Eltern alles, damit sie dennoch  sprechen lernt. Eine extrem anstrengende und schwierige Herausforderung  für ein Kind, das nichts hören kann. Natalie Girth lernt außerdem, so  gut Lippen zu lesen, dass sie später in der Disco sieht, was andere  sagen. Sie lernt sogar Italienisch, studiert - und hat einen großen  Wunsch: sich in die Welt der Hörenden zu integrieren. Deshalb lässt sich  die junge Architektin, die auf Altbausanierung spezialisiert ist, vor  drei Jahren ein so genanntes Cochlea-Implantat einsetzen. Sie sagt: "Ich  bin zwar behindert, aber ich versuche, das Beste aus meinem Leben zu  machen. Und ich will meine Kinder hören". Im März 2011 wird Natalie  Girth Mutter. Bei Quarks & Co spricht die 33-Jährige über ihr Leben  zwischen der Welt der Gehörlosen und der Welt der Hörenden und erzählt,  wie sie als Kind mühsam das Sprechen lernte und 30 Jahre später nicht  weniger mühsam das Hören. Im Studio begrüßt Ranga Yogeshwar außerdem die  Hörtrainerin Christel Tratzki, die Natalie Girth schon als Kind  trainiert hat und seit der Operation wieder mit ihr übt.
Diese Sendung in einem Bookmark-Dienst
Dienstag, 18. Januar 2011
Haben Kinder ein “Recht” auf elektrische Ohren?
Haben Kinder ein “Recht” auf elektrische Ohren? Oder darauf, kein Cochlea Implantat zu haben?
Die Möglichkeiten oder Angebote der modernen Medizin finde ich ja gut. Wären es Zwänge – oder werden es über sozialen Druck Zwänge — finde ich sie weniger gut. Aber wie sieht es eigentlich mit Rechten aus?  Haben taube Kleinkinder ein Recht auf ein Cochlea Implantat (CI) — und  wenn man es ihnen nicht noch im Kindesalter verschafft, ist man im  Unrecht? Oder ein Recht darauf, keinImplantat zu erhalten? Und ist, wer dagegen verstößt eigentlich nur moralisch im Unrecht oder sogar rechtlich?
Keine einfachen Fragen, sehr unangenehme sogar. Vor ein paar Wochen ist dazu ein interessanter Text erschienen:
Müller, S; Zaracko, A. (2010), „Haben gehörlose Kleinkinder ein Recht auf ein Cochleaimplantat?“ Nervenheilkunde 29 (4): 244-248
Ich  wollte schon länger was darüber schreiben, habe es aber immer  aufgeschoben. Jetzt hat sich aber vor ein paar Tagen schon Jule dazu  geäußert. Dann hat gestern Regenbogen hier im Blog den ersten Kommentar  dazu geliefert, der vielleicht in der anderen Diskussion etwas  untergeht. Bernd vom Taubenschlag hat eine Diskussionsvorlage geliefert.  Und schließlich erhielt ich noch ein paar E-Mails, in denen ich gefragt  wurde, was ich von dem Text halte. Darum hier nun ein paar schnelle  Gedanken dazu — keineswegs fertig, es darf diskutiert werden:
Müller  und Zaracko wollen die Frage beantworten, „ob Eltern das Recht haben,  ihren gehörlosen Kindern ein CI zu verweigern“ (245). Die Frage ist  also: Wo sind die Grenzen der Autonomie der Eltern bei Fürsorge und  Erziehung ihrer Kinder? Wann darf, wann muss der Staat einschreiten um  Pflege und Erziehung der Kinder sicherzustellen und ihre Rechte zu  schützen? Dornige Frage, überall wo sie sich stellt — und das ist ja  beileibe nicht nur und nicht einmal hauptsächlich bei CIs der Fall. Man  denke nur an Mißbrauch und Verwahrlosung. Und es könnte tatsächlich dazu  kommen, dass ein Fall so eskaliert, dass ein Gericht die Frage klären  muss.
Kernsatz von Müller und Zaracko ist, soweit ich sehe:
Im Fall des CI sind die Folgen der Implantation weitgehend reversibel, die der Nichtimplantation aber nicht.
Darum plädieren sie dafür, gehörlose Kinder sowohl mit einem CI zu versorgenals auch sie Gebärdensprache zu lehren. Beides. Immer. Immer Gebärdensprache vermitteln. Aber auch immer implantieren.
Denn ein CI zu verweigern schädige das Kind nachhaltig — und zwar insofern als es „im sozialen Leben, insbesondere in seiner späteren Berufswahl, erheblich eingeschränkt sein wird“ (246). Interessen von Eltern, Familie, Organisationen, Kirchen oder Gehörlosenkulturen müssten zurückstehen, falls sie gegen die Implantation sind.
Denn ein CI zu verweigern schädige das Kind nachhaltig — und zwar insofern als es „im sozialen Leben, insbesondere in seiner späteren Berufswahl, erheblich eingeschränkt sein wird“ (246). Interessen von Eltern, Familie, Organisationen, Kirchen oder Gehörlosenkulturen müssten zurückstehen, falls sie gegen die Implantation sind.
Von  der Logik her ist der Schluss bestechend. Einfach beides! Ich kann  nicht bestreiten, dass man so das, nennen wir es mal das  Autonomiepotential der Kinder maximiert — auf dem Reißbrett jedenfalls.  Damit das Ganze aber funktioniert, muss die Wahlfreiheit ja zumindest  bis ins Jugendlichenalter gewährleistet bleiben. Und das wiederum setzt  voraus, dass Laut-, Schrift und Gebärdensprache auf hohem Niveau gelernt  werden können. So dass der Jugendliche oder junge Erwachsene wirklich  frei entscheiden könnte, das CI auch abzulegen und dadurch nicht  behindert würde. Dass das hohe Anforderungen an das Kind sind und es die  entsprechende Infrastruktur gegenwärtig nicht gibt, wurde in den  Einträgen und Diskussionen dieses Blogs ja schon verschiedentlich  thematisiert (z.B. hier und hier). Und es bleibt auch die Frage, ob dem  Kind letztlich damit gedient wäre, ein CI zu bekommen, wenn sein  gesamtes familiäres Umfeld nicht darauf oder sogar dagegen eingestellt  ist. Müller und Zaracko sagen ja auch, dass es nicht um eine Entziehung  des Sorgerechts gehen würde, also: Wäre Kindern damit gedient, im  engsten Familienumfeld keine Unterstützung zu erhalten? Entweder weil  die Eltern es nicht können oder nicht wollen? Ich glaube ja, dass  Unterstützung durch die Eltern eins der wichtigsten Dinge ist, die man  Kindern geben (oder nehmen) kann.
Selbstverständlich  kann man trotz alldem noch argumentieren, Implantieren sei besser als  Nicht-Implantieren. Aber: Dann muss man sich andere Argumente suchen.  Nämlich sich nicht auf Autonomiemaximierung für die Kinder und  Schadensminimierung wegen Reversibilität berufen, sondern einfach klar  sagen, dass man möchte, dass das Kind die Chance erhält, in hörendem  Umfeld zu bestehen. Und dass man dabei in Kauf nimmt, dass es für Kind  und Eltern kein Sonntagsausflug wird. Aber gut, das ist das Leben ja  sowieso nicht.
So.  Und jetzt ist es spät, ich bin müde und geh ins Bett. Schaut mal selbst  in den Text. Und das was Jule, Regenbogen und Bernd sagen. Und schreibt  mal Eure Meinung.
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Montag, 10. Januar 2011
Was habe ich meinem Kind nur angetan!
Es gibt ein Beispiel von betroffene Eltern
Mehr könnte ihr unter Links und es gibt viele diverse Bericht von Kestner.de
http://www.kestner.de/n/elternhilfe/elternhilfe-elternberichte.htm
In letzter Zeit wurden immer wieder       Eltern, die hier ihre Berichte zum CI veröffentlicht haben,       telefonisch belästigt, beschimpft und zur Rücknahme der       Berichte aufgefordert. Deswegen habe ich einige Berichte       anonymisiert! Sollten bei anderen Familien auch solche       Repressalien stattgefunden haben, bitte ich um Rückmeldung!       Ich werde weiterhin auch anonyme Berichte hier       veröffentlichen.
Mehr könnte ihr unter Links und es gibt viele diverse Bericht von Kestner.de
http://www.kestner.de/n/elternhilfe/elternhilfe-elternberichte.htm
Heute denke ich sehr oft, was habe ich meinem Kind nur angetan!
In letzter Zeit wurden immer wieder       Eltern, die hier ihre Berichte zum CI veröffentlicht haben,       telefonisch belästigt, beschimpft und zur Rücknahme der       Berichte aufgefordert. Deswegen habe ich einige Berichte       anonymisiert! Sollten bei anderen Familien auch solche       Repressalien stattgefunden haben, bitte ich um Rückmeldung!       Ich werde weiterhin auch anonyme Berichte hier       veröffentlichen.
Es zeigt deutlich, mit welchen feigen Mitteln (anonyme       Drohanrufe) die CI-Lobby vorgeht. Andere Meinungen werden       nicht zugelassen, Fakten negiert.
Biancas Werdegang
Hallo Frau Kestner!
Seit  Kurzem haben wir Internet und heute bin ich durch Zufall auf Ihre  Seiten gestoßen. Danke. Sie sind wirklich sehr informativ und super  gemacht.
Nachdem ich alles  gelesen habe, sitze ich jetzt hier vor meinem PC und bin furchtbar  traurig und wütend. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Eltern und  Kinder sind, die negative Erfahrungen mit dem CI gemacht haben. Man  hört ja sonst hauptsächlich nur das Positive.
Ich möchte Ihnen ein wenig von meinem Kind erzählen:
Meine  gehörlose Tochter wurde mit 3,5 Jahren implantiert. Der Weg bis dahin  war schon schlimm, aber was danach kam war furchtbar.
Schon als ich zum  Hospitieren im hörgeschädigten Kindergarten war und hinterher im  CI-Centrum, habe ich immer gedacht, irgend etwas passt nicht, meine  Tochter ist anders.- Aber das waren ja nur die Gedanken einer  überbesorgten Mutter! Es wird schon, alles braucht seine Zeit, das Kind  ist halt stur und verzogen!- Tja, als meine Tochter ca. 5 Jahre alt war,  kam die Diagnose: starke autistische Züge. Und die Aussage, die  bisherigen Therapien habe diese Züge nur verstärkt. Vom CI-Centrum kam  damals nur: das haben wir uns schon lange gedacht. Ich muss dazu sagen,  meine Tochter wurde erst von der Klinik und vom CIC abgelehnt. Erst als  der Arzt erfuhr, dass sie eine seltene Missbildung der Innenohren hatte,  wurde sie operiert. An das, was wir alles im CIC erlebt haben, mag ich  mich gar nicht erinnern. Heute denke ich sehr oft, was habe ich meinem  Kind nur angetan! Denn die ganze Zeit musste man sie zu den Therapien  zwingen, sie wollte nicht, es war nicht ein Fortschritt zu erkennen.  Wenn ich Einwände hatte, hörte ich immer: haben Sie doch Geduld!
Anfangs biss meine Tochter  oft die Kabel vom CI durch, dann fing sie an, es zu Hause abzulegen. Sie  trug es nur noch zur Schule. Irgendwann hab ich gedacht, warum? Wenn  sie es doch nicht will! Ich rief im CIC an und sagte, das wir nicht mehr  zur Einstellung kommen, weil meine Tochter das CI nicht mehr tragen  wird (Da war sie 8 Jahre alt). Sie können sich sicher vorstellen, was  ich da zu hören bekam. Aber es war mir egal. Denn ich hatte das Gefühl,  dass das CI ihr überhaupt nichts bringt. (Bis zum heutigen Tag spricht  meine Tochter nicht ein Wort.) Im Gegenteil ohne das CI war sie ruhiger  und ausgeglichener. Ich mache mir zum Vorwurf, dass ich nicht schon  früher den Mut hatte, mich über die Meinung der Ärzte und Therapeuten  hinwegzusetzen und einfach nur zu tun, was mein Kind mir vermittelte.
Nach langer Odyssee, von  Arzt zu Arzt, von Kindergarten, Schulen usw. ist meine heute fast 14  jährige Tochter im Taubblinden-Zentrum in Hannover. Sie ist dort seit  drei Jahren glücklich und zufrieden, lernt langsam aber stetig Gebärden.  Dadurch bekommt sie endlich die Möglichkeit zu kommunizieren. Man hat  dort lange gebraucht, um ihr Vertrauen zu gewinnen, sie aus ihrer sich  zum Schutz aufgebauten Welt heraus zu locken.
Ich  habe einige LBG-Kurse gemacht und versuche es an meine Tochter weiter  zu geben. Es ist jedoch sehr schwierig. Sie lernt nur sehr, sehr  langsam. Sie haben berichtet, das auch Eltern mit älteren Kindern  Tommys-Gebärdenwelt nutzen. Das würde ich gern mit meiner Tochter  versuchen.
Mutter (Kontakt über Karin Kestner)
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