Montag, 29. Oktober 2012

Implantat erhöht Hörfähigkeit

Homburg. Ob sie ein bisschen nervös ist? Die elfjährige Selin Özdemir aus Waldmohr nickt - und das so selbstbewusst, dass man ihr die Nervosität eigentlich gar nicht abnehmen will. Es ist kurz vor 10.30 Uhr, der Hörsaal der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde ist bis über den letzten Platz hinaus gefüllt (Veröffentlicht am 29.10.2012)





Beim ersten Hörtag am Uniklinikum war die taub geborene Selin Özdemir, die seit ihrem 18. Lebensmonat ein Cochlea-Implantat trägt, da, wo sie hingehört: mitten unter den Menschen.
Foto: Thorsten Wolf


Homburg. Ob sie ein bisschen nervös ist? Die elfjährige Selin Özdemir aus Waldmohr nickt - und das so selbstbewusst, dass man ihr die Nervosität eigentlich gar nicht abnehmen will. Es ist kurz vor 10.30 Uhr, der Hörsaal der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde ist bis über den letzten Platz hinaus gefüllt. Der erste Hörtag am Universitätsklinikum in Homburg ist schon zu Beginn ein Publikumserfolg. Und Selin soll den Eisbrecher geben. Taub geboren, trägt sie seit ihrem 18. Lebensmonat ein Hörimplantat, "CI" nennt Selin das Gerät wie ein echter Profi. "CI" steht dabei für Cochlea-Implantat. Und das wiederum steht für eine Hörprothese, die dann zum Einsatz kommen kann, wenn die Hörschnecke (Cochlea) ohne Funktion, der eigentliche Hörnerv aber noch aktiv und nutzbar ist - so wie bei Selin. Sie ist an diesem Morgen der Beweis für die Einschätzung von Professor Bernhard Schick, Direktor der HNO-Klinik, dass mittels solcher Implantate die Hörfähigkeit wieder durchschnittlich bis zu 80 Prozent erreicht werden könne. Und diese durchweg positive Information will Selin Özdemir, Schülerin der fünften Klasse des Homburger Mannlich-Gymnasiums, gleich zu Beginn des Tages denen mit auf den Weg geben, denen ein solches Implantat auch helfen könnte: Menschen, bei denen der Einsatz konventioneller Hörgeräte keinen Erfolg mehr zeigt.
An der Seite von Moderator Werner Buchberger stellt sie sich vor den Gästen des Hörtages einem kleinen Interview. Chirurgin will sie später einmal werden, erzählt sie. Aber auch der Beruf der Hörfunkjournalistin hat es ihr angetan.

Selin Özdemir steht an diesem Morgen bildhaft für das, was Schick im Gespräch mit unserer Zeitung mit einem Zitat Emanuel Kants so in Worte kleidet: "Das Nicht-Sehen trennt uns von den Dingen, das Nicht-Hören von den Menschen." Selin Özdemir ist unter den Menschen, mittendrin.

Der nötige Eingriff und die Implantation des CI's ist aber nur ein Teil des Weges. Professor Schick: "Der Patient muss danach das Hören erstmalig oder erneut lernen, er muss in eine Rehabilitationsphase. Wenn er das geschafft hat, kontrollieren wir in der Regel ein Mal im Jahr das Implantat."

Auch Selin musste ihr Hören erst erlernen - an der Seite von Heike Rothe, Diplom-Pädagogin an der HNO-Klinik. "Nach der ersten Anpassung des Sprachprozessors des Cochlea-Implantats werden die Menschen von uns betreut. Bei Kindern bedeutet das, dass sie über mehrere Jahre hinweg das Hören und damit das Sprechen lernen. Erwachsene hingegen erlernen das Hören 'wieder'." Gefragt, warum man nicht generell solche Implantate konventionellen Hörgeräten im Einsatz vorziehen würde, ist Rothes Antwort klar: "In der Behandlung von Hörschädigungen bevorzugt man die Förderung des natürlichen Hörens."

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