Die Hörsystem-Industrie soll revolutioniert werden. (Bild: Keystone/Gaetan Bally)
Quellen: www.20min.ch
Ein Hörgerät, das Lippen lesen kann: In den nächsten Jahren könnte diese futuristische Technologie zur Realität werden. In einem Pilotprojekt entwickeln Forscher und Ärzte an der schottischen Universität Stirling ein lippenlesendes Hörgerät, das kommenden Generationen hörbehinderter Menschen helfen soll.
Mit dem Apparat will man also nicht nur Laute akustisch verstärken, auch Mundbewegungen soll das Gerät registrieren können: Eine Miniaturkamera – an der Brille, einer Halskette oder auch am Ohrring montiert – nimmt dabei die Mundbewegungen auf. Die visuellen Aufnahmen sollen danach in auditive Signale umgewandelt werden – besonders in lärmiger Umgebung soll der Apparat von Vorteilen sein.
Kurs fürs Lippenlesen
Auf die Idee ist man auch beim Verband Pro Audito Schweiz seit längerer Zeit gekommen: Im vergangenen Jahr besuchten schweizweit über 3000 Menschen mit Hörproblemen Kurse fürs Lippenlesen. «Die Augen sind bei Hörschwächen extrem wichtig und können das Gehör unterstützen», so Claudia Bisagnio von Pro Audito Schweiz. Dass nun an einer Technologie gefeilt werde, die diese beiden Fähigkeiten vereint, begrüsst man bei der Organisation sehr, da es in der Schweiz bis zu einer Million hörbehinderter Menschen gibt.
Die Forschung für den Hightech-Ohrenknopf hat ihren Ursprung in der Schweiz: Das Basismaterial für die Wissenschaft stammt aus einer Studie der ETH Zürich, die die mathematischen Zusammenhänge zwischen Video- und Audiosignalen ergründet hat. Tonangebend in den Vorrecherchen in Zürich und den Forschungen in England ist ebenfalls der Schweizer Hörsystem-Entwickler Phonak. Mit involviert sind auch das psychologische Institut der Universität Stirling, ein Institut für Hörforschung sowie eine Forschungsgruppe der englischen Universität Sheffield.
Hohe Kosten für Hörgeschädigte
Die Wissenschaftler beginnen ab Oktober 2015 mit ihrem Forschungsvorhaben. Die Laufzeit des Projekts ist auf drei Jahre ausgelegt. Bis zum Markteintritt eines solchen Geräts rechnen Experten mit bis zu zehn Jahren.
Aber nicht nur in die Technologie müsse in Zukunft investiert werden: «Seit der Einführung der Pauschalvergütung für Hörgeräte müssen Hörbehinderte immer mehr aus eigener Tasche bezahlen», so Bisagnio. Das im 2011 eingeführte System soll den Wettbewerb im Hörgerätemarkt stärken und die Preise der Geräte und der Dienstleistungen senken – «wir hoffen sehr, dass dieser Wettbewerb zu Gunsten der Hörbehinderten vermehrt angekurbelt wird.»
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